
Arbeit, Beziehung, Umwelt – alles fordert uns. Nicht immer reicht die eigene Energie, um dem gerecht zu werden. Im Ergebnis klagen immer mehr Menschen über den zunehmenden und belastenden Stress.
Das Wort „Stress“ gilt als vom lateinischen Wort „strictus“ abgeleitet, was soviel wie „eng, straff, stramm“ bedeutet. Darin spiegelt sich bereits die beklemmende, einengende Erfahrung wider, die unter Stresserfahrungen häufig auftritt. Dabei ist nicht zu vergessen, dass jede Lernerfahrung, jede Entwicklung eine Belastung darstellt. Ohne Muskelermüdung gibt es kein Muskelwachstum, ohne Vokabeln lernt man keine neue Sprache. Zunächst muss also klargestellt werden: Stress ist nicht grundlegend schlecht. Als kurzfristiges Reaktionsmuster auf eine Belastung sorgt er für:
- Optimale Muskeldurchblutung
- Fokussierte Konzentration
- Erfolgsbasierte Begeisterung
Kurzfristig wohlgemerkt – und mit einer Erholungsphase im Anschluss. Unsere Grundprägung kennt dabei für jede Situation der Belastung oder Bedrohung nur zwei Alternativen: Flucht oder Kampf. Dieses Muster entsteht im zentralen Nervensystem und löst je nach Einschätzung der Situation eine der beiden Reaktionen aus. Alles zielt auf eine möglichst schnelle Klärung der Situation ab. Sobald Flucht oder Kampf erfolgreich waren, tritt die Entspannung ein und alle Prozesse schalten wieder auf „normal“ um. Wir sind wieder im Lot.
Flucht oder Kampf – effizient, aber unzeitgemäß?
Diese Vorgänge prägen nach wie vor jeden Menschen – überlebenswichtig, aber mit unserem modernen Leben nicht immer kompatibel. Denn derart eindeutige Umstände, die das Muster Flucht oder Kampf brauchen, finden wir in unserem Alltag nur noch selten. Wer z.B. unter Zeitdruck im Stau steht, Geldnot, Ärger mit dem Chef oder eine Unmenge an Arbeit hat, dem hilft keine der frühzeitlichen Lösungen. Im Ergebnis kann unsere Stressregulation aus der Balance geraten und so eine Vielzahl von unangenehmen Folgen auslösen.
Wann macht Stress krank?
Die Chiropraktik berücksichtigt schon seit ihren Anfängen das durch die Arbeit der Palmers entstandene Konzept der neurologischen Belastung als Ursache für Erkrankungen:
Toxic (Gifte):
Giftstoffe, die über die Umwelt, Nahrung oder schlechte Gewohnheiten aufgenommen werden.
Thoughts (Gedanken):
Negative psychische Muster
Trauma:
Körperliche Verletzungen und Belastungen
Neurologisch sind bei anhaltendem Ungleichgewicht aus Stress und Entspannung sogar Veränderungen des Gehirns nachgewiesen: Das Angstzentrum, die Amygdala, wächst, während der u.a. für das Lernen zuständige Hippocampus schrumpft. Gleichzeitig wurden bei stressintensiven Patient*innen erhöhte Risikofaktoren für Herzerkrankungen, Schlaganfall sowie Diabetes festgestellt. Grundsätzlich zeigte sich: Umso länger ein System aus der Balance ist, umso schwerer ist die Rückführung in ein gesundes Muster.
Welche Wege führen zu einer gesunden Balance?
Es klingt so einfach: Erholsame Urlaube schaffen eine solide Grundlage. Außerdem regelmäßige mentale Entspannung ebenso wie die Entlastung des Muskeltonus. Ausgleichssport hat sich ebenfalls bewährt: Das sehr körperlich geprägte Stressmuster aus Kampf oder Flucht mündet bei Bedrohung ja eigentlich in Kämpfen oder Laufen. Kann das situativ nicht umgesetzt werden, unterstützt ein regelmäßig eingeplantes Ventil aus Freizeitsport bei der Entspannung.
Das eigene Konsumverhalten bietet ebenfalls Ansatzpunkte. Ausgewogene Ernährung und ein sehr bewusster Umgang oder Verzicht auf Alltagsgifte wie Alkohol und Nikotin unterstützen die Regeneration. Aber was tun, wenn die Erholungsfähigkeit schon so weit gestört ist, dass sich die körperliche Entsprechung nicht mehr nur in gelegentlichen Schlafstörungen zeigt?
Neurowissenschaften haben mit über 40 Jahren Forschung in umfangreichen Studien nachgewiesen, dass Prägungen und gelernte Muster zwar hartnäckig sind, aber mit der richtigen Unterstützung auch wieder geändert werden können. Das betrifft nicht nur bewusstes Verhalten, sondern auch die weitestgehend unbewusste Fähigkeit, die Balance zwischen Be- und Entlastung wieder zu optimieren.
Auf dieser Basis forschen auch chiropraktische Studien seit Jahren. Sie belegen per EEG-Messung Ausgangswerte von Patient*innen und deren Verbesserungen nach Justierungen. Es zeichnen sich in den Ergebnissen deutliche Hinweise ab, dass chiropraktische Behandlungen effektiv sind, da sie neurologische Reaktionen durch gezielte sensorische Stimulation verändern können. Sprich: Auf Justierungen reagiert das zentrale Nervensystem. Die große Menge an Sensor-Rezeptoren in und um die Wirbelsäule herum bietet dafür einen guten Zugangsbereich, durch den Chiropraktiker*innen die Möglichkeit haben, ein ungesundes Muster unterbrechen und so die Grundlage für ein neues, gesünderes legen zu können.
Das unterstützt dann auch eine Verhaltensänderung der Behandelten. Denn eine konsequente Analyse des eigenen Verhaltens gibt häufig direkte Hinweise, wie Belastungsstörungen sich durch schlechte Routinen verstärken. Sie zu ändern, leistet auch einen wichtigen Beitrag für eine dauerhafte positive Entwicklung. So ist Stress wieder, was er sein sollte: Die kurzfristige Reaktion auf eine Ausnahmesituation, aus der wir körperlich und geistig gestärkt hervorgehen.